Ringvorlesung : Israel in Europa - Europa in Israel

Wo liegt Israel? Liegt Israel in Europa? Ist die Geschichte und aktuelle Situation Israels als Teil der europäischen Wahrnehmung, als Teil europäischen Handelns, als Teil europäischer Verantwortung  zu begreifen? Und wie viel Europa wäre dann in Israel? Oder muss diese Frage als eurozentrischer Blick, der das Verstehen der komplexen Situation im Nahen Osten nur verstellen würde, abgelehnt werden? Welchen anderen Blick könnte man versuchen? Helfen Analyseinstrumente aus der kulturwissenschaftlichen Erforschung der Kategorie Raum weiter?

Diese Fragen umreissen die Geschichte und die Aktualität Israels sowie die damit verbundene Situation im Nahen Osten. Um sich Antworten zu nähern, werden in der Ringvorlesung WissenschaftlerInnen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven kulturwissenschaftlichen Fragen nachgehen und so versuchen, einen neuen Blick auf den Nahen Osten zu eröffnen.

Die Vortragsreihe wurde vom Institut für Jüdische Studien (PD Dr. Erik Petry) konzipiert und in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum Kulturelle Topographien realisiert. Als wissenschaflticher Beitrag ist sie Bestandteil des Festivalprogramms der CULTURESCAPES Israel.

Programm

Programm

mittwochs, 18.15-20.00 Uhr, Hörsaal 003, Kollegienhaus

21.9. Einführung PD Dr. Erik Petry (Universität Basel)

5.10. Rabbi Akivas Lachen. Zion als Projektion und Realität in der jüdischen Geschichte. Prof. Dr. Alfred Bodenheimer (Universität Basel)

"Wenn ihr wollt, ist es kein Märchen", überschrieb Theodor Herzl seinen utopischen Palästina-Roman "Altneuland" von 1902. Der Satz spiegelt die Dialektik zwischen Literarizität und Empirie einer Jahrtausende währenden Beziehung der Juden zum Land Israel. Ihr soll in dieser Vorlesung nachgegangen werden.

26.10. „Die Amerikanisierung Asiens“ – Imaginationen zionistischer Räume bei Theodor Herzl. Dr. Clemens Peck (Universität Salzburg)

Obwohl Theodor Herzl an der kolonialistischen Überschreibung des religiösen Topos Eretz Israel arbeitete, setzte er gleichzeitig auf dessen imaginäre Kraft. Ausgehend von einer vergleichenden Lektüre des Judenstaats und des utopischen Romans Altneuland widmet sich die Vorlesung diesem Problemfeld in Herzls Raumentwürfen.

2.11. Daheim im Exil? Orientalische Juden in Israel. Dr. Omar Kamil (Universität Leipzig)

Die orientalischen Juden – in Israel Mizrahim, Edot ha-Mizrach oder Sephardim genannt – wanderten mehrheitlich im ersten Jahrzehnt nach der Staatsgründung 1948 ein. Bisher in arabisch-islamischen Gesellschaften lebend, kamen sie in ein weitgehend europäisch geprägtes Land, mit dessen politischer Kultur sie ebenso wenig vertraut waren, wie mit den hiesigen Alltags- und Lebensgewohnheiten. Der Vortrag setzt sich mit den verschiedenen Dimensionen der Integration der Orientalischen Juden in Israel auseinander und konzentriert sich jedoch auf Geschichte und Kultur in Israel.

9.11.  Was ist Israel? Arabische Blicke auf den jüdischen Staat. Prof. Dr. Maurus Reinkowski (Universität Basel)

Der arabischen öffentlichen Meinung war immer klar, dass Israel ein feindlicher Staat war, der zu Unrecht Palästina an sich gerissen hatte. Um so mehr blieb die Unschlüssigkeit, wie israelische Gesellschaft und Staat genau zu deuten seien. In dem Vortrag gehen wir diesen beiden Linien der arabischen Israel-Sicht nach.

16.11. Is Israeli Theatre Really “Here”? Prof. Dr. Shimon Levy (Tel Aviv University)

In theatre “Here” meets “Now” and the past is “presentified”. In Israeli theatre, only 100 years old, born in Exile and developed here, “Now” is given by the medium and “Here” is intensively questioned, due to Jewish history and contemporary politics – and notions of re-turning to the “Promised Land”. (Vortrag auf Englisch)

23.11. The Joy of Breaking Taboos: Jews and Postwar German Theater. Prof. Dr. Anat Feinberg (HFJS Heidelberg)

In September 1945, the famous Deutsches Theater in Berlin re-opened with a production of  Lessing´s canonical plea for tolerance, Nathan der Weise. The director was Fritz Wisten, a well-known actor and director before 1933 who survived the Holocaust by the skin of his teeth. Our survey of Jewish participation in postwar German theatre begins with Wisten´s historical staging, considers the theatrical work of actors who returned from exile (Kortner, Deutsch), and pays particular attention to the taboo-breaking productions of theatre directors Peter Zadek and George Tabori. Finally, special attention will be paid to the Swiss born director Jossi Wieler. (Vortrag auf Englisch)

30.11. Death and the Nation: Israel's Holocaust and the Politics of Nationhood. Prof. Dr. Idith Zertal (IDC Herzlya / HU Jerusalem) (Vortrag auf Englisch)

7. 12. Europa in Palästina: Das Zionistische Projekt. Dr. Ita Heinze-Greenberg (TU München)

Israel war bereits lange vor der Staatsgründung ein Labor für moderne Architektur- und Siedlungsexperimente. Die planenden Köpfe stammten überwiegend aus Europa oder waren bei der europäischen Avantgarde in die Schule gegangen. Die Vorlesung wird das Werk der wichtigsten Baumeister in Palästina / Israel von Oskar Marmorek über Erich Mendelsohn bis Arieh Sharon beleuchten und insbesondere  die Frage der Identitätsstiftung durch Architektur reflektieren. 

14.12. Die Schweizer Juden im 19. und 20. Jahrhundert. Dr. Simon Erlanger (Universität Luzern)

Kaum ein Land spielt in der Vorgeschichte des Staates Israel eine derart wichtige Rolle wie die Schweiz. 14 von 22 Zionistenkongressen fanden zwischen 1897 und 1946 hier statt. Während die Schweiz so zu einem bedeutenden Schauplatz der modernen jüdischen Geschichte wurde, blieb die jüdische Gemeinschaft der Schweiz immer klein. Nur gegen grosse Widerstände konnte sie sich seit dem 19. Jahrhundert durchsetzen und im 20. Jahrhundert behaupten. Die Vorlesung will diese wechselvolle Geschichte der Schweizer Juden nachzeichnen.

21.12. „Kein Judenstaat, sondern ein Land der Hebräer“: Jiddisch, Hebräisch und der Sprachenkampf. Dr. Tamar Lewinsky (Universität Basel)

Vor dem Holocaust war Jiddisch die Muttersprache von Millionen Juden in Europa. Doch warum wurde sie als Sprache eines jüdischen Vaterlandes abgelehnt? Die Vorlesung gibt Einblick in die Sprachpolitik in Palästina/Israel im 20. Jahrhundert und den Status der Diasporasprache Jiddisch in der Gegenwart.